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Köhlerschildkröten-Nachzucht.

Wir beginnen mal mit einem Video von einem Köhlerschildkröten-Weibchen bei der Eiablage.

 

Die Köhlerschildkröte (Chelonoidis carbonarius) gehört wie alle Landschildkröten zu den bedrohten Tierarten. Neben dem illegalen Tierhandel leidet ihr Bestand durch die Vernichtung der Lebensräume. Der Klimawandel erledigt dann den Rest. Bereits 1618 erscheint eine Köhlerschildkröte auf einem Gemälde vom flämischen Maler Frans Snyder (Hier geht es zum Link mit der Info dazu) . Also über 200 Jahre bevor Johann Baptist Ritter von Spix die Köhlerschildkröte erstmals beschrieb (1824).
Ich halte Köhlerschildkröten seit 2009, und 2021 erfüllte ich mir meinen Wunsch, einmal einer Köhlerschildkröte in ihrem Lebensraum zu begegnen. Wer diese Reptilien in unseren Breitengraden hält, muss viel Technik einsetzen, um einigermaßen die klimatischen Verhältnisse zu erschaffen, die die Köhlerschildkröte an ihrem Lebensraum stellt. Hinzu kommen die Lichtverhältnisse, die sie gerne hätte, damit sie sich wohl fühlt. Wenn alles stimmt, und man Männchen und Weibchen zusammenhält, wird das Weibchen auch Eier legen. In diesem Moment zeigt sich erstmals, ob das Gehege ausreichend ausgestattet ist. Die Köhlerschildkröte macht sich auf die Suche nach einer geeigneten Legestelle. Dazu macht sie ab und zu ein paar Probegrabungen und steckt ihre Nase ins Erdreich, um die Temperatur, die Feuchtigkeit und die Beschaffenheit der Erde zu überprüfen. Das Erdreich sollte an der Legestelle tief genug sein, damit das Weibchen ausreichend tief graben kann. Die maximale Grabtiefe meiner Weibchen lag bisher bei knapp 25 cm. Die Weibchen suchen nach Bodengrund der warm genug ist, und der sich gut formen lässt. Ist der Boden zu trocken, sucht das Weibchen weiter. Sollte der Bodengrund zum Formen einer Eigrube etwas mehr Feuchtigkeit benötigen, setzt das Weibchen während der Grabung Urin ab. Ist die Eigrube tief genug, und in der Form, die dem Weibchen gefällt beginnt die eigentliche Eiablage. Die Weibchen pressen die Eier  nach und nach, bis sie jeweils am Ende der Kloake angekommen sind. Erst wenn das Weibchen die richtige Stelle für das Ei gefunden hat, lässt sie es in die Eigrube gleiten, und verhilft ihm gegebenenfalls mit Hilfe der Hinterbeine zur finalen Position in der Grube. Nachdem das Weibchen zwischen einem und acht Eier abgelegt hat, verschließt es die Grube wieder. Zu guter Letzt verwischt es die letzten Spuren, sodass die Legestelle aussieht, als wenn dort nie Eier gelegt worden wären.

Lange vor der Eiablage muss es natürlich zur Paarung gekommen sein. Wenn ein Männchen einem Weibchen begegnet, sondiert es aus, ob das Weibchen paarungsbereit ist. Wenn man Köhlerschildkröten über eine lange Zeit zusammenhält, fällt die Sondierung extrem kurz aus. Treffen  die Geschlechter erstmals aufeinander, oder die Geschlechter werden saisonal getrennt, sind die Aufeinandertreffen deutlich arttypischer. Die Tiere riechen aneinander. Durch Kopfnicken zeigen sich die Tiere, ob sie harmonisieren, oder ob sie lieber getrennte Wege gehen sollten. Nur sehr selten kommt es zu Beißereien. Und wenn, dann auch fast ausschließlich unter männlichen Kontrahenten. Auch wenn Weibchen sich kurz vor der Eiablage befinden, zeigen sie eine Art Dominanzverhalten, indem sie auf das Männchen aufreiten. Ansonsten wird das Männchen irgendwann auf das bereitstehende Weibchen aufreiten. Nur wenn das Weibchen es duldet, kommt es zur Kopulation. Dafür bleibt das Weibchen stehen. Ist sie nicht bereit, wird sie versuchen durch Durchstreifen des Unterholzes das Männchen regelrecht abzuschütteln…
Nach der Kopulation gehen die Beiden wieder getrennte Wege. Wenn das Weibchen dann irgendwann ihre Eier abgelegt hat, entscheidet in der Natur das Klima, ob und wann die Jungtiere schlüpfen. Bei der Haltung dieser Tiere in Menschenobhut trifft der Mensch die Entscheidung, ob überhaupt eine Entwicklung stattfindet. Bekommt der Halter mit, dass das Weibchen Eier gelegt hat, wird er die Eier ausgraben. Entweder entscheidet er sich dann für die Bebrütung des Geleges, oder er entsorgt die Eier, weil er keine Nachzuchten anstrebt. Wenn der Halter die Eiablage nicht beobachtet, kann es bei einem funktionierendem Innengehege auch ohne Zutun des Halters zur Entwicklung im Ei kommen.

Ab einer Temperatur von 25/26 Grad startet die Entwicklung. Je nachdem wie dann der Temperaturverlauf ausfällt, schlüpfen die Jungtiere nach 100 und 180 Tagen. Diese hohe Variabel bei der Brutdauer hängt wirklich davon ab, wie hoch die Bruttemperaturen sind. Liegen sie über 30 Grad kann es schon nach 120 bis 150 Tagen so weit sein. Liegen sie noch höher kann es auch noch schneller gehen. Ich habe die Eier meiner Köhlerschildkröten zwischen 26 und 28 Grad Celsius bebrütet. Der Schlupf erfolgte dann nach 150 Tagen und später. Wichtig beim Ausgraben der Eier ist, dass diese nicht mehr gedreht werden. Welches Substrat man verwendet ist im Grunde egal. Ich habe immer feines Vermiculite © verwendet. Die Eier wurden damit von mir komplett bedeckt. Die Schlupfrate lag zuletzt bei 100% bei beiden Weibchen, mit denen ich die Nachzucht angestrebt habe.
Heute züchte ich nicht mehr nach. Es ist wirklich schwer Halter mit hohen Haltungskriterien zu finden. Zudem kommt aktuell die Energiekrise hinzu. Man muss davon ausgehen, dass viele Halter irgendwann aufgeben, weil das Hobby Schildkrötenhaltung nicht mehr finanzierbar ist. Hauptverantwortlich für die Beendigung meiner Nachzucht ist ausgerechnet meine Reise ins Pantanal. Ich wollte immer den Lebensraum der Köhlerschildkröte besuchen, und darin einer Köhlerschildkröte begegnen. Das habe dann auch getan. Ich habe den Lebensraum besucht. Habe die Tiere im Lebensraum erlebt. Und ich habe die klimatischen Verhältnisse fühlen dürfen. Dann habe ich angefangen darüber nachzudenken, welche Entbehrungen meine Nachzuchten hinnehmen müssen, wenn sie hier in Deutschland in einem Gehege leben müssen. Natürlich ist die Nachzucht dieser Tiere auch weiterhin notwendig, um hoffentlich dadurch weitere Entnahmen aus den Lebensräumen unnötig zu machen. Aber ich werde keine weiteren Jungtiere nachzüchten. Es gibt genügend gute Züchter, die das Erledigen. Ich habe meinen Inkubator abgegeben. Die Eier meiner Weibchen werde ich zukünftig zerschlagen, und dann entsorgen. Ich werde meinen Köhlerschildkröten, so lange ich dazu in der Lage bin, ein artgerechtes Zuhause bieten. Und ich bin weiterhin kritisch (auch bei der eigenen Haltung). Denn ich werde ihnen niemals das bieten können, was sie im natürlichem Lebensraum vorfinden würden: Unendliche Bewegungsfreiheit…